Die globale Schifffahrtsindustrie präsentierte im Dezember 2019 einen Vorschlag, erstmals selbst einen weltweiten Forschungs- und Entwicklungsfonds aufzubauen, um die Schifffahrt auf Kurs für die Klimaziele der Branche zu bringen und sie möglichst schnell zu einem kohlenstofffreien Verkehrsträger weiterzuentwickeln. Der Fonds mit einem angestrebten Volumen in Höhe von etwa fünf Milliarden US-Dollar soll durch Schifffahrtsunternehmen in aller Welt über einen Zeitraum von zehn Jahren finanziert werden. Präsentiert wurde die Initiative unter anderem vom internationalen Schifffahrtsverband ICS (International Chamber of Shipping), dem auch der Verband Deutscher Reeder (VDR) als wichtiges Mitglied angehört.
Eckdaten der Initiative:
- Aufbau einer nichtstaatlichen Entwicklungs- und Forschungsorganisation, um den Weg der Schifffahrt zum ersten treibhausgasfreien Verkehrsträger zu ermöglichen;
- Ausstattung des Fonds mit knapp fünf Milliarden US-Dollar, finanziert durch Schifffahrtsunternehmen in aller Welt;
- Ziel des Fonds: Beschleunigung der Entwicklung neuer, dringend benötigter Treibstoffe für kommerziell nutzbare Schiffe ohne Treibhausgas-Emissionen, die zu Beginn der 2030er-Jahre zur Verfügung stehen müssen.
Weltweit werden etwa 90 Prozent des grenzüberschreitenden Warenhandels per Schiff transportiert. Gleichzeitig ist die globale Schifffahrtsindustrie für ungefähr zwei bis drei Prozent der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen verantwortlich. Um die Klimaschutz-Anforderungen des Pariser Abkommens zu erfüllen, ist eine möglichst rasche Dekarbonisierung wesentlich – das gilt auch für die internationale Seeschifffahrt. Es liegt in der Verantwortung der International Maritime Organization (IMO) der Vereinten Nationen bzw. deren Mitgliedsstaaten, die Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen der internationalen Schifffahrt wirksam zu regulieren, da diese nicht einzelnen Staaten zugerechnet werden können.
Der industrieweite Vorstoß der Schifffahrtsverbände ist nötig, um die ambitionierten CO2-Reduzierungsziele erreichen zu können, auf die sich die Mitgliedsstaaten der IMO bereits 2018 verständigt hatten. Sie beinhalten, dass die Schifffahrt ihre globalen CO2-Emissionen in absoluten Zahlen im Vergleich zu 2008 bis 2050 mindestens halbiert, unabhängig von der prognostizierten weiteren Zunahme des Welthandels. Das 2050-Ziel bedeutet somit, dass eine enorme Effizienzsteigerung für Schiffe nötig ist. Diese ist nicht mit einem fortgesetzten, langfristigen Einsatz fossiler Brennstoffe in der Handelsschifffahrt zu schaffen.
Die IMO-Ziele erfordern deshalb den Einsatz neuer, möglichst kohlenstofffreier Treibstoffe, Technologien sowie Antriebssysteme wie etwa grünen Wasserstoff, Ammoniak, Brennstoffzellen, Batterien oder andere synthetische, aus regenerativen Energien erzeugten Brennstoffen. Solche Treibstoffe sind bislang allerdings nicht in ausreichendem Maß für große Handelsschiffe im Verkehr auf den Weltmeeren vorhanden und einsatzfähig.
Die Schifffahrt will die Klimaziele der IMO schnellstmöglich erreichen und schlägt deshalb als wesentliches Mittel hierfür die Einrichtung eines International Maritime Research and Development Fonds (IMRF) vor, einer nichtstaatlichen Forschungs- und Entwicklungs-Organisation, die von den Mitgliedsstaaten der IMO beaufsichtigt werden soll. Diese soll von Schifffahrtsunternehmen weltweit durch einen verpflichtenden Forschungs- und Entwicklungsbeitrag von zwei US-Dollar pro Tonne Brennstoff mit dem Ziel finanziert werden, das angepeilte Volumen von fünf Milliarden US-Dollar als Basisfinanzierung über einen Zeitraum von zehn Jahren zu generieren.
Der Forschungs- und Entwicklungsvorstoß ist eine Initiative der Mitglieder der wichtigsten internationalen Seeschifffahrtsorganisationen, die zusammen mehr als 90 Prozent der kommerziellen Schifffahrt weltweit vertreten. Diese sind:
- BIMCO
- CRUISE LINES INTERNATIONAL ASSOCIATION
- INTERCARGO
- INTERFERRY
- INTERNATIONAL CHAMBER OF SHIPPING
- INTERTANKO
- INTERNATIONAL PARCEL TANKERS ASSOCATION
- WORLD SHIPPING COUNCIL
Die Teilnahme weiterer Interessengruppen ist möglich und sehr willkommen.
In ihrer Submission, welche im Dezember 2019 bei der IMO eingereicht wurde, hat die Schifffahrtsindustrie bereits detaillierte Vorschläge für die Steuerung und Finanzierung des Fonds gemacht. Eine möglichst baldige Annahme der Vorschläge der Schifffahrtsindustrie durch die Mitgliedstaaten der IMO wird angestrebt. Eine Umsetzung könnte etwa durch eine Annahme von Zusatzregelungen zu dem bereits existierenden sogenannten MARPOL-Übereinkommen (Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe) erfolgen.
Auf der Website von ICS finden Sie hier weitere Informationen zum Fonds.