Systemrelevant – fast schon ein bisschen zu inflationär scheint der Begriff in diesen Zeiten verwendet zu werden. Doch für eine Branche gilt er ganz bestimmt: Die Corona-Pandemie hat noch einmal verdeutlicht, wie wichtig die Schifffahrt ist, wenn es um die Versorgung der Menschen geht. Der europäische Reederverband ECSA, in dem auch der VDR ein führendes Mitglied ist, betonte die „entscheidende Rolle, die die Schifffahrt bei der Aufrechterhaltung des Handels zwischen Europa und seinen Partnern und innerhalb des Binnenmarktes spielt, damit lebenswichtige Güter wie Lebensmittel, medizinische Geräte und Baumaterialien nicht ausgehen“.
Hoher Anteil
Und auch unabhängig von Corona: Die Branche ist ein wichtiger Faktor für den Wohlstand. Das dokumentieren die aktualisierten Zahlen, die das britische Beratungs- und Analyseunternehmen Oxford Economics 2020 vorgelegt hat. Demnach kontrollieren Europas Reeder (inkl. Norwegen und Großbritannien) über 23.000 Schiffe und damit knapp 40 Prozent der weltweiten Handelsflotte. Weil die Gesamttonnage seit 2010 mit 51,7 Prozent etwas weniger stark gestiegen ist als weltweit (57,6 Prozent), sank der europäische Weltmarktanteil allerdings geringfügig. Nach der sogenannten „Oxford-Studie“ veröffentlicht durch den europäischen Reederverband ECSA trägt die europäische Schifffahrt direkt 54 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der EU bei. Berücksichtigt man die Übertragungseffekte auf andere Sektoren, wie z. B. die Auswirkungen auf die Lieferkette und die Ausgaben der Arbeitnehmer, beläuft sich der Gesamtbeitrag sogar auf 149 Milliarden Euro (s. Grafiken) – im Klartext: Zu jedem Euro, den die Schifffahrt erwirtschaftet, kommen weitere 1,80 Euro, die anderswo entstehen. Die Branche beschäftigt europaweit direkt 685.000 Menschen und sichert bis zu zwei Millionen Arbeitsplätze, wenn man die Auswirkungen auf andere Sektoren einbezieht. Von den direkt Beschäftigten arbeitet etwa ein Sechstel an Land. Die Arbeitskräfte in der Seeschifffahrt sind überdurchschnittlich produktiv: Sie erbringen pro Kopf eine Wirtschaftsleistung von 78.000 Euro – und liegen damit knapp 24 Prozent über dem Durchschnitt aller in der EU-beschäftigten Arbeitskräfte.