Was macht eigentlich eine Reederei?

Unter einer Reederei wird meist ganz allgemein ein Schifffahrtsunternehmen verstanden. Dabei ist nicht immer klar, ob gerade vom Reeder als Eigentümer eines Seeschiffes gesprochen wird oder nicht doch die Reederei als solche, der Vertragsreeder, Ausrüster, Zeitcharterer, Operator, Carrier, Verfrachter usw. gemeint ist. In vielen Unternehmen überschneiden sich die verschiedenen Aktivitäten im Bereich der Seeschifffahrt - und nicht selten führt das zu Verwirrung.

Drei wesentlich Bereiche gilt es zu unterscheiden, die eine Reederei ausmachen können. Zuerst ist es das Schiffseigentum, das im Kern mit dem Begriff des „Reeders“ verbunden ist. So ist es in Deutschland auch gesetzlich definiert in Paragraph 476 des Handelsgesetzbuchs: „Reeder ist der Eigentümer eines von ihm zum Erwerb durch Seefahrt betriebenen Schiffes“. Aus dem Unternehmer wird ein Reeder, wenn er einen Anteil an einem Schiff besitzt. Der Kern des Geschäftsmodells eines Reeders besteht darin, das Schiff oder die gesamte Flotte entweder für bestimmte Zeitperioden zu verchartern (d.h. zu vermieten) oder selbst für Transporte anzubieten (befrachten). Mindestens zum Teil erwirtschaftet der Reeder idealerweise auch Gewinne aus dem An- und Verkauf seiner Schiffe zum richtigen Zeitpunkt.

Der zweite maßgebliche Bereich ist die „Bereederung“ eines Schiffes, die im Englischen als „Ship Management“ bezeichnet wird. Unter Bereederung versteht man die Ausrüstung, Bemannung und den technischen Unterhalt eines Schiffes. Üblicherweise wird dabei zwischen technischer Bereederung, kommerzieller Bereederung und Crew Management unterschieden. Der „Ship Manager“ wird auch als Vertragsreeder bezeichnet.

Die technische Bereederung umfasst die gesamte technische Betreuung eines Schiffes. Ein Team aus Ingenieuren, Nautikern und Technikern sorgt hier für die nautische und technische Betriebsbereitschaft der Schiffe. Hierzu zählen die regelmäßige Wartung und Instandhaltung des Schiffes selbst sowie der an Bord befindlichen Anlagen und die Ausrüstung des Schiffes gemäß nationalem und internationalem Standard. Daher zählen auch der Einkauf und die Belieferung von Ersatzteilen, Proviant, Farbe u.ä. zu den zentralen Aufgaben der technischen Bereederung. Dabei wird es immer anspruchsvoller wird, die regelmäßig notwendigen Überprüfungen (Audits) sowie alle weiteren (gesetzlichen) Regularien vorzubereiten bzw. umzusetzen und durchzuführen. Der Bereederer muss eine große Menge an „Papierkram“ erledigen: Die Bereederung überwacht und prüft fortlaufend die Zertifikate der aktuell betreuten Schiffe auf Übereinstimmung und Einhaltung der flaggenstaatlichen und fahrtgebietsabhängigen relevanten rechtlichen Vorgaben.
 

Der Containertransport – der bekannteste Bereich der Schifffahrt, aber bei weitem nicht der einzige. (© joyt - stock.adobe.com)

 

Die kommerzielle Bereederung umfasst die kaufmännische Betreuung eines Seeschiffes. Dies umfasst die Erstellung der Betriebskostenabrechnung ebenso wie die Abrechnung der Reiseaufträge und Chartern und beinhaltet meist auch den wichtigen Bereich der Betreuung des Versicherungsschutzes des Schiffes und die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Versicherern. Schließlich erstattet der kommerzielle Manager regelmäßig Bericht an den oder die Eigentümer.

Das Crewing (oder Crew Management) ist der dritte Pfeiler der Bereederung und der womöglich wichtigste Pfeiler für den langfristigen Erfolg des Schiffsbetriebs. Der Crew Manager versorgt das Schiff oder eine Flotte mit erfahrenen und möglichst kompetenten Offizieren und Mannschaften. Je größer die betreute Flotte, desto größer der Pool an Seeleuten und desto vielfältiger meist auch die Herkunftsländer der Besatzung. Große Crew Manager haben oft eigene Trainings- und Qualifizierungsprogramme oder unterhalten sogar eigene Ausbildungszentren und Schulen im Ausland. Das Crew Management kann aus der gesamten Kette von Rekrutierung, Ausbildung, Einsatz, Abrechnung und Betreuung des Seepersonals und deren Familien bestehen. Dabei kann alleine die Abrechnung des Dienstes von z.B. mehreren hundert Seeleuten auf zahlreichen Schiffen mit unterschiedlichen Einsatzzeiten und Einsatzgebieten unter verschiedenen Einzel- und Tarifverträgen über vielfältige Zeitzonen und Währungen ein hochgradig anspruchsvolles Unterfangen sein.

Schließlich können Unternehmen als Reedereien bezeichnet werden, die den Transport von Waren über See erledigen. Dies kann mit eigenen oder fremden (auf Zeit eingecharterten) Schiffen geschehen. Diese Verfrachter (oder Operator) fahren nach festen Fahrplänen bestimmte Häfen ab (Linienreedereien) oder jede einzelne Ladung nach Bedarf (Trampschifffahrt).

Jeder Reederei kann sich entscheiden, ob sie ihre Wertschöpfung auf eine, mehrere oder gar alle dieser Säulen stellt. Im Englischen sind die verschiedenen Bereiche begrifflich klarer voneinander unterschieden, wenn man etwa von ship owner, ship manager oder operator spricht.