Die moderne Piraterie stellt für die Schifffahrt eine ernst zu nehmende Bedrohung dar: Nach Angaben des Internationalen Schifffahrtsbüro (IMB) und der Internationalen Handelskammer (ICC) wurden 2023 weltweit insgesamt 120 (Vorjahr 115) Piraterie-Angriffe und bewaffnete Raubüberfälle auf Schiffe gemeldet.
Der VDR bemüht sich seit langem intensiv um tragfähige Sicherheitslösungen im Austausch mit sämtlichen Akteuren auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Der Schutz der Seefahrer stet hierbei an erster Stelle. Die International Chamber of Shipping hat in 2021 als Reaktion auf die anhaltende Gefährdungslage einen umfassenden Ratgeber zur Maritimen Sicherheit veröffentlicht, der sich an Reedereien, Seefahrer und Behörden richten und konkrete Handlungsanweisungen für vielfältige Bedrohungsszenarien bieten.
Hotspot Westafrika
Die Lage vor Westafrika hat sich spätestens seit Beginn der Pandemie noch verschärft. Die absoluten Zahlen signalisieren auf den ersten Blick zwar zuletzt eine Verringerung der Angriffe, jedoch hat sich das Operationsgebiet der Piraten erheblich erweitert. Besorgniserregend ist, dass seit Ende 2020 eine nicht unerhebliche Zahl von Schiffen fernab der jeweiligen Territorialgewässer angegriffen wurde, vielfach bereits auf hoher See bis zu 250 Seemeilen außerhalb. Dieser Trend stellt für die Reedereien und ihre Besatzungen eine große Herausforderung dar, da Routenanpassungen keine Sicherheit mehr bieten.
Die weitaus meisten der weltweit gemeldeten Entführungen auf See mittlerweile vor Westafrika statt. Darüber hinaus wird in den letzten Jahren eine Zunahme der Brutalität bei gleichzeitig verbesserter technischer Ausstattung der Piraten beobachtet.
Die Schifffahrt verlangt von den Anrainerstaaten schon seit langem, mehr zu tun, um die Piraterie in ihren Gewässern nachhaltig zu bekämpfen.
Der VDR fordert deshalb, dass es zukünftig ähnlich wie vor Ostafrika ein stets aktuelles und valides Lagebild für die Seeschifffahrt gibt, um Risiken besser einschätzen zu können. Zudem muss Deutschland und die Europäische Union alles in ihrer Macht Stehende tun, um dieses Problem mit den Anrainerstaaten zu lösen und deutsche Schiffe zu schützen.
Straße von Singapur
In Südostasien finden 45 Prozent aller Überfälle in der Straße von Singapur statt. Auch deutsche Reedereien waren bereits betroffen. Das Ziel sind hierbei zumeist Bulker und Tanker. Die Täter sind zumeist weniger gewaltbereit als vor Westafrika, da der Diebstahl von Ladung im Vordergrund steht und nur selten Lösegeldzahlungen.
Vor Somalia
Die seit 2008 durchgeführte EU NAVFOR-Operation ATALANTA hat einen wesentlichen Beitrag zu mehr Sicherheit vor der Küste Somalias geleistet. Aufgrund der Präsenz der multinationalen Einsatzkräfte zum Schutz von Hilfslieferungen konnte die Piraterie am Horn von Afrika in den letzten Jahren stark zurückgedrängt werden. Zudem hatte sich der VDR seinerzeit erfolgreich dafür eingesetzt, dass Sicherheitsteams an Bord von deutschgeflaggten Schiffen fahren dürfen, um für besonders gefährliche Fahrtgebiete die Sicherheit weiter zu erhöhen.
Der VDR setzt sich für die kontinuierliche Fortführung der Operation ATALANTA ein. Diese ist essentiell, um die Sicherheit eines der wichtigsten Handelswege der Schifffahrt zu sichern – dem Weg zum Suezkanal. Die Ursachen für die Piraterie vor Somalia sind Armut und fehlenden Zukunftsperspektiven der Einwohner. Solange diese nicht nachhaltig gelöst werden, würde sich bei einem Ende der Mission ATALANTA das Sicherheitsproblem für die Schifffahrt vor Somalia sofort wieder verschärfen.