Die globale Schifffahrtsindustrie präsentiert heute einen Vorschlag, erstmals selbst einen weltweiten Forschungs- und Entwicklungsfonds aufzubauen, um die Schifffahrt auf Kurs für die Klimaziele der Branche zu bringen und sie möglichst schnell zu einem kohlenstofffreien Verkehrsträger zu wandeln. Der Fonds in Höhe von etwa fünf Milliarden US-Dollar wird durch Schifffahrtsunternehmen in aller Welt über einen Zeitraum von zehn Jahren finanziert. Präsentiert wird die Initiative unter anderem vom internationalen Schifffahrtsverband ICS (International Chamber of Shipping), deren wichtiges Mitglied der Verband Deutscher Reeder (VDR) ist.
Eckdaten der Initiative:
- Aufbau einer nichtstaatlichen Entwicklungs- und Forschungsorganisation, um den Weg der Schifffahrt zum ersten treibhausgasfreien Verkehrsträger zu ermöglichen
- Ausstattung des Fonds mit knapp fünf Milliarden US-Dollar, finanziert durch Schifffahrtsunternehmen in aller Welt
- Ziel des Fonds: Beschleunigung der Entwicklung kommerziell nutzbarer Schiffe ohne Treibhausgas-Emissionen zu Beginn der 2030er-Jahre
Weltweit werden etwa 90 Prozent aller Waren per Schiff transportiert. Gleichzeitig ist die Schifffahrtsindustrie für ungefähr zwei Prozent der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen verantwortlich. Um die Klimaschutz-Anforderungen des Pariser Abkommens zu erfüllen, ist eine rasche Dekarbonisierung wesentlich – das gilt auch für die internationale Schifffahrt. Es liegt in der Verantwortung der International Maritime Organization (IMO) der Vereinten Nationen, die Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen der internationalen Schifffahrt zu regulieren, da diese nicht einzelnen Staaten zugerechnet werden können.
Der industrieweite Vorstoß der Schifffahrt ist nötig, um die ambitionierten CO2-Reduzierungsziele zu erreichen, auf die sich die Mitgliedsstaaten der IMO bereits 2018 verständigt hatten. Sie beinhalten, dass die Schifffahrt ihre globalen CO2-Emissionen absolut im Vergleich zu 2008 bis 2050 mindestens halbiert, unabhängig von der Zunahme des Welthandels. Das 2050-Ziel bedeutet somit, dass eine enorme Effizienzsteigerung für Schiffe nötig ist. Diese ist nicht mit einem fortgesetzten, langfristigen Einsatz fossiler Brennstoffe in der Handelsschifffahrt zu schaffen.
Die IMO-Ziele erfordern deshalb den Einsatz neuer, möglichst kohlenstofffreier Treibstoffe, Technologien sowie Antriebssysteme wie etwa grünem Wasserstoff, Ammoniak, Brennstoff-zellen, Batterien oder anderen synthetischen, aus regenerativen Energien erzeugten Brennstoffen. Solche Treibstoffe sind bislang allerdings nicht in ausreichendem Maß für große Handelsschiffe im Verkehr auf den Weltmeeren vorhanden und einsatzfähig.
Esben Poulsson, Chairman der ICS, sagte: „Die breite Koalition der Schifffahrtsverbände hinter diesem Vorschlag beweist Führungsqualität. Innovation ist dringend nötig, damit die Technologien entwickelt werden, die Schiffe künftig antreiben. Der Vorschlag ist einfach, nachvollziehbar und erfüllbar, so dass wir hoffen, dass die Regierungen diesen mutigen Schritt unterstützen.“
Im Namen der deutschen Schifffahrt sagte Alfred Hartmann, Präsident des VDR: „Wir wollen als Industrie die Klimaziele der IMO erreichen oder wo möglich sogar übertreffen. Dafür brauchen wir jedoch eine technologische Revolution. Diese wollen wir mit unserem Beitrag beschleunigen.“
Die Schifffahrt schlägt im Detail die Einrichtung eines International Maritime Research and Development Fonds (IMRF) vor, einer nichtstaatlichen Forschungs- und Entwicklungsorganisation, die von den Mitgliedsstaaten der IMO beaufsichtigt werden soll. Diese wird von Schifffahrtsunternehmen weltweit durch einen verpflichtenden Forschungs- und Entwicklungsbeitrag von zwei US-Dollar pro Tonne Brennstoff mit dem Ziel finanziert, so die erwähnten fünf Milliarden US-Dollar als Basisfinanzierung über einen Zeitraum von zehn Jahren zu erhalten.
Der Forschungs- und Entwicklungsvorstoß ist eine Initiative der Mitglieder der wichtigsten internationalen Schifffahrtsorganisationen, die zusammen mehr als 90 Prozent der kommerziellen Schifffahrt weltweit vertreten. Diese sind:
- BIMCO
- CRUISE LINES INTERNATIONAL ASSOCIATION
- INTERCARGO
- INTERFERRY
- INTERNATIONAL CHAMBER OF SHIPPING
- INTERTANKO
- INTERNATIONAL PARCEL TANKERS’ ASSOCATION
- WORLD SHIPPING COUNCIL
Gleichwohl ist die Teilnahme weiterer Interessengruppen möglich und sehr willkommen.
In ihrer Submission bei der IMO, welche heute eingereicht wird, hat die Schifffahrtsindustrie bereits Details für die Steuerung und Finanzierung genannt. Eine rasche Annahme der Vorschläge der Schifffahrtsindustrie durch die Mitgliedstaaten der IMO wird angestrebt. Eine Umsetzung könnte etwa durch eine Annahme von Zusatzregelungen zu dem bereits existierenden sogenannten MARPOL-Übereinkommen (Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe) erfolgen. Der Vorschlag der Schifffahrtsindustrie wird von den Mitgliedsstaaten der IMO in London beim nächsten Treffen des IMO Marine Environment Protection Committee (MEPC) im kommenden März diskutiert werden.
Auf den Seiten von ICS finden Sie weitere Informationen: http://www.ics-shipping.org/